Meine Abenteuerreise durch die Männerwelt

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Als ich in die Berufswelt einstieg, glaubte ich an Gerechtigkeit und daran, dass man mit Engagement und Leidenschaft ALLES erreichen kann. Mein Studium der Germanistik, Theater- und Medienwissenschaften hatte mich auf vieles vorbereitet, aber definitiv nicht auf die männerdominierte Wirtschaftswelt. Klar kannte ich unsere Gesellschaft und ihre Regeln. Die Kirche, in der ich aufwuchs, war männerdominiert. Auch die Universitäten waren damals von mehr oder weniger ehrwürdigen Professoren geprägt. Daneben gab es jedoch beeindruckende Frauen aus der Medienwelt und dem Literaturbetrieb, die uns jungen Studentinnen als Vorbilder dienten.

Zum Ende des Studiums kam mein erstes Kind. Dramaturgin am Theater? Mit Abend- und Wochenendschichten und kreativen Diskussionen bis tief in die Nacht, während ich alle anderthalb Stunden stillen musste? Keine Chance. Ein Plan B musste her. Doch was? Als Frau der Kultur waren andere Bereiche für mich böhmische Dörfer.

Ein Freund hatte eine Idee: „Wenn du in die Metropole ziehst, kopiere doch mein spezielles Kurier-Business.“ Er war großzügig und erklärte mir alles genau, gab mir Vorlagen für Anschreiben und Tipps für den Vertrieb. Gesagt, getan. Sobald die Kisten ausgepackt waren, marschierte ich zum Gewerbeamt, meldete meinen Kleinbetrieb an und legte los. Mit meinem alten Kombi fuhr ich die Gewerbegebiete ab und notierte Firmenadressen. Dann begann die Kaltakquise. Es war hart, aber es funktionierte. Der erste Kunde kam, dann der zweite, dritte.

Im männerdominierten Bereich der Postkuriere lachten die Kerle über die kleine Elfe im Flatterkleidchen. „Die hält nicht lange durch.“ Weit gefehlt. Ich legte richtig los, schleppte hunderte Kilos Post und stellte bald meinen ersten Fahrer ein. Die Jahre vergingen, im Trial-and-Error-Verfahren arbeitete ich mich in Vertrieb, Vertragswesen, Lohnbuchhaltung, Mitarbeiterführung, Marketing, Finanzen und Geschäftsführung ein. Ein steiniger Weg!

Alls Alleinerziehende hatte ich immer die Sorge um meine Tochter. Oft saß sie im Kindersitz, während ich zu Kunden fuhr. Die Miete und das Leben mussten bezahlt werden, und beides zugleich ging eben nur mit Kompromissen. Je mehr das Unternehmen wuchs, umso größer die Zielkunden – fast ausschließlich Männer – in IT-Unternehmen, Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfungsunternehmen, Industrie und Handel. Für mich war es ein Hürdenlauf und eine Zeit intensiven Lernens.

Mit Charme lassen sich Männer leicht gewinnen, besonders als junge Frau. In einem so maskulinen Sektor genoss ich einen gewissen Paradiesvogelbonus. Doch ordentliche Margen ließen sich kaum erzielen, da viele Männer als Gegenleistung für die Auftragserteilung Minipreise, große Dankbarkeit und absolute Selbstaufgabe erwarteten.

Mein Alltag in der Kundengewinnung und -pflege bestand aus dem Umgang mit Machtgehabe, Arroganz, Unterstellung von Inkompetenz aufgrund meines Äußeren, Sexismus und Verschlagenheit. Viele Meetings bestanden zu 80% aus Selbstdarstellung der Herren. Selten wurden mir fundierte Fragen gestellt, und oft kam ich kaum zu Wort. Aber ich entwickelte Methoden, das zu ändern.

In den folgenden Jahren habe ich das Unternehmen komplett umgekrempelt, zum Premiumdienstleister umgebaut und zahlreiche Kunden und Mitarbeiterinnen in ganz Deutschland gewonnen. Kurierfahrten waren längst passé. Wir hatten uns zu einem Outsourcer für hochwertige Inhouseleistungen gemausert. Währenddessen brachte ich noch zwei weitere wunderbare Kinder zur Welt. Ich stillte und wickelte sie im Büro. Dort lernten sie krabbeln und babbeln. Auch sie habe ich in den folgenden Jahren größtenteils ohne Partner großgezogen und für ihr finanzielles Überleben gesorgt. Unzählige Nächte ohne Schlaf, kreisten meine Gedanken um Kinder, Mitarbeiter, die Bank und die Zukunft des Unternehmens. Tagsüber wusste ich dann wieder, dass ich mir treu bleiben werde. Egal, wie knapp die Kasse war, nie habe ich einen Vertrag unterzeichnet, den ich für unmoralisch hielt. Waffenproduzenten, Atomkraftwerke, Umweltsünder – ihnen habe ich eine freundliche, aber klare Absage erteilt und damit zugunsten meiner Seelenruhe auf stattliche Umsätze verzichtet.

Ich bin stolz darauf, sauber geblieben zu sein und das Unternehmen zum Erfolg geführt zu haben, wodurch bis heute etwa 200 Menschen ihren Lebensunterhalt sichern können. Hätte ich damals eine Mentorin mit meiner Erfahrung gehabt, wäre vieles leichter gewesen. Deshalb unterstütze ich heute Frauen in hierarchisch geführten Organisationen mit Coaching, Mentoring und Online-programmen. Ich möchte, dass sie es leichter haben, in diesem Dschungel einen Weg zu finden, sich aufzurichten und ihre Träume zu verwirklichen.

Als erfahrene Unternehmerin und überzeugte Frauenrechtlerin weiß ich, dass wir sehr kraftvoll sind, nur eben anders als Männer. Vielleicht klingt es etwas altmodisch, aber besonders als Mütter oder potenzielle oder mögliche Mütter kämpfen wir lieber FÜR als gegen etwas. Uns sind Nachhaltigkeit und Zukunftssicherung ein Herzensanliegen. Wir ziehen Gemeinschaft dem Alleingang vor. Wir klären uns im Gespräch und wir mögen es, unsere Erfolge Hand in Hand zu erreichen. Genau das also, was unsere Welt nach der Aera des Kampfes dringend braucht.

Einmal sagte mein kleiner, verschwitzter Sohn: „Mama, weißt du, in Wahrheit ist es viel schöner, ein Tor vorzubereiten, als es reinzumachen!“ Ich schloss ihn mit Tränen in den Augen in die Arme und dachte: „Genau dafür will ich mein Wissen, meine Kraft und meine Zeit einsetzen.“

Heute feiere ich die Erfolge der wunderbaren Frauen, die ich begleiten darf.
Und jeden Tag fallen Tore.

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